„Wenn man auf die letzten zwölf Monate zurückblickt, gibt es positive wie auch negative Facetten,“ eröffnete Polizeipräsident Markus Röhrl die Vorstellung der Kriminalstatistik 2023 und nahm so vorweg, dass es je nach Deliktsfeld ganz unterschiedliche Tendenzen zu verzeichnen gab.
Zu Beginn gab er einen Überblick zur Kriminalitätsentwicklung im Bergischen Städtedreieck, bevor Guido Liedke (seit 01.09.2024 Leiter der Direktion Kriminalität beim Polizeipräsidium Wuppertal) den Fokus auf die Entwicklungen in bestimmten Phänomenbereichen legte und mit Zahlen genauer erläuterte.
Positiv: Kriminalitätsbelastung des Städtedreiecks liegt unter dem NRW-Durchschnitt
Das Jahr 2023 ist das erste Jahr, welches nach der Corona-Pandemie komplett ohne Einschränkungen verlief. Während die Deliktskurve in den Corona-Jahren rückläufig war, ist die Gesamtzahl der Straftaten im Präsidialbereich im Vergleich zum Jahr 2022 um 1,7 % gestiegen und entspricht damit nur der Hälfte des Anstiegs für Gesamt-NRW (3,4 %). Während die Städte Wuppertal und Solingen für die Steigerung sorgten, nahm die Anzahl der Straftaten in Remscheid sogar ab.
Im Bergischen Städtedreieck konnten 600 Tatverdächtige mehr als 2022 ermittelt werden. Die Aufklärungsquote ist ebenfalls gestiegen: auf knapp 56 %.
Die Zahlen der Kriminalitätsbelastung von Wuppertal, Remscheid und Solingen liegen unter dem NRW-Durchschnitt. Somit steht fest, dass das Bergischen Städtedreieck – wie bereits in den vergangenen Jahren - zu den sichersten Städten bzw. Regionen in Nordrhein-Westfalen gehört.
Negative Entwicklung bei Gewalttaten
„Wo Licht ist, ist aber auch Schatten,“ leitete Behördenleiter Röhrl zu den negativen Entwicklungen über.
„Die Gewalttaten haben zugenommen und so haben wir im 10-Jahres-Vergleich Höchststände erreicht.“ Dieser Trend zu mehr Gewalt korrespondiere auch mit den Tatzahlen, in denen Messer zum Einsatz kamen. Ebenfalls auffällig dabei sei der hohe Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren. Dieser betrüge 23,1 % und sei damit deutlich überproportional zum Anteil dieser Altersgruppe in der Bevölkerung.
Weiterhin auffallend sei der sehr hohe Anteil junger Nichtdeutscher bei Gewaltdelikten. Röhrl nannte in diesem Zusammenhang zwei Messerstechereien am Gründonnerstag am Karlsplatz und in den City-Arkaden in Wuppertal bei denen die Opfer teils sehr schwere Verletzungen davontrugen.
Bei 39,2 % aller Tatverdächtigen aus allen Deliktsbereichen in den Städten Wuppertal, Remscheid und Solingen handele es sich um Nichtdeutsche, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung aber lediglich 21,4 % entspricht. Unter den Tatverdächtigen seien auch viele Mehrfach- und Intensivtäter. Dies sind Täter, die fünf oder mehr Straftaten in einem Jahr begehen.
Die Polizei Wuppertal werde an bestehenden Konzepten im Bergischen festhalten: mit Bestreifung, Kontrollen, Durchsuchungen, aber auch mit Festnahmen.
Anteil der unter 21-jährigen Tatverdächtigen ist vergleichsweise hoch
Die Anzahl der Tatverdächtigen hat zugenommen. Der Leitende Kriminaldirektor Guido Liedke erklärte, dass bei den Strukturen der Tatverdächtigen der Anteil der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden mit 23,1 % überrepräsentiert wäre. Dabei verwies er auf das Projekt „Kurve kriegen“, welches hilft, kriminelle Karrieren bei Kindern oder Jugendlichen abzudämpfen oder zu verhindern.
Minus bei Straßenkriminalität
Die Straßenkriminalität, welche sich auf das sogenannte subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger auswirkt, ist im Jahr 2023 um 1,8 % zurück gegangen und liegt immer noch unter dem Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie. „Das ist eine sehr, sehr positive Entwicklung und die EK Fokus spielt dabei eine große Rolle,“ unterstrich Liedke. Allerdings betrifft dieser Trend nicht die Stadt Solingen. Hier wird im Bereich der Innenstadt in den nächsten Wochen nachgeschärft und Konzepte sollen verstärkt auf den Plan gerufen werden.
Starker Anstieg bei sexuellem Missbrauch von Kindern
Aufgrund der bekanntgewordenen Missbrauchsfälle in Lügde und in Bergisch Gladbach ist dieses Deliktsfeld besonders in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Als Konsequenz wurden polizeilicherseits die personellen Kapazitäten massiv aufgestockt, sodass das Dunkelfeld aufgehellt werden konnte und diese Aufhellung auch die gestiegenen Fallzahlen erklärbar macht. Sogar internationale Zulieferungen beispielsweise aus den USA führten zu Ermittlungen.
Straftaten zum Nachteil älterer Menschen mit überregionaler Tatbegehung angestiegen
In Wuppertal und Solingen sind die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen angestiegen (z.B. sog. Enkeltrick). „Diese Taten sind besonders verwerflich, da man sich hier auf die schwachen Mitglieder der Gesellschaft fokussiert,“ so Liedke. Es gibt Fälle in denen deutlich über 100.000 Euro erbeutet wurden und die Täter entwickeln dabei immer neue Strategien.
Wohnungseinbruchsdiebstahl rückläufig
Obwohl nach Corona wieder ein leichter Anstieg der Deliktszahlen zu verzeichnen war, ist die Kurve in den letzten 10 Jahren deutlich nach unten gegangen. „Dieses Deliktsfeld spielt nicht mehr die Rolle wie z.B. in den 2010er Jahren. Wir nehmen diese Entwicklung als sehr positiv war,“ so der Leitende Kriminaldirektor Liedke.
>Weitere Entwicklungen und detaillierte Zahlen sind der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023 (auf der rechten Seite) zu entnehmen.